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Wildfänge im Aquarium

Protomelas sp. "steveni imperial" gome rock
 

Wildfänge im Aquarium - Muss das sein?!

Diese Frage wurde in den letzten Wochen heiß in der Community diskutiert. Die Antworten war dennoch zumeist die gleichen.
 

Vorweg möchten wir euch aber erklären, wieso es überhaupt Wildfänge im Aquarium geben MUSS

Nehmen wir an, es werde keine wilden Malawiseebuntbarsche importiert. Wo sollen wir dann unsere schönen Nachzuchten her bekommen? Richtig! Ohne Wildfänge, gibt es keine Nachzuchten! Die Aussage ist zwar nicht komplett richtig - der Sinn dahinter wird aber folgend erläutert:
Nun könnte man meinen, dass schon ausreichend wilde Tiere importiert wurden und somit der Markt an Nachzuchten gedeckt ist. Dem ist aber leider nicht so.
Denn viele Halter und auch "Vermehrer" gehen leider nicht so pflichtbewusst mit reinen Arten um. Die letzten Jahre zeigen, dass ZU HAUF Hybriden auf den einschlägigen Verkaufsbörsen angeboten werden - Teilweise wissen die Anbieter nicht einmal, dass es Hybriden sind, bzw kennzeichnen diese nicht als Hybriden, sondern geben sie als reine Art an. Weiterhin nimmt aktuell die Anzahl an durch Inzucht deformierten Tieren stetig zu.
Wenn nun keine Wildfänge mehr hinzu kommen, mit denen unsere Züchter pflichtbewusst züchten können, wird es für Händler und grade auch für Halter immer schwieriger, reine Tiere zu finden.
Ebenso wird es extrem schwierig, neues Blut für die Zuchtgruppen zu finden. Über Jahre führt dies zu vermehrter Inzucht.
Somit verschwindet nach und nach das natürliche Verhalten der Tiere. 
Nehmen wir als Beispiel mal die Art Copadichromis virginalis fire crest zur Hand. Seit einigen Jahren wird diese Art nicht mehr importiert. Es ist auch unklar, ob die Art nicht vielleicht sogar ausgestorben ist. Die Tiere werden in Tiefen angetroffen, in denen seltener getaucht wird. Die Qualität der noch existierenden Zuchtlinien schwankt stark! Teilweise sind nur noch Züge der ursprünglichen Art zu sehen. Ebenso sind Inzuchterscheinungen, vermehrt zu beobachten. Richtig "gute" Zuchtlinien gibt es kaum noch.
Die Erklärung klingt sicher etwas dramatisiert - Auf die nächsten 10 Jahre gesehen, ist sie aber definitiv NICHT dramatisiert! Sollte es irgendwann keine Wildfänge mehr geben, Hybridisiert sich unser Hobby - die Malawiseeaquaristik. Dies gilt es im Sinne der Biotopaquaristik zu verhindern.

Ist es nun verwerflich, wenn ich mir einen Wildfang ins Aquarium (Showbecken) setze?

Zunächst sollte man sich die Frage stellen, wieso es ein Wildfang sein muss.
Gilt er als Statussymbol, damit man mit dem Tier "angeben" kann? Dann ist es definitiv verwerflich! Diese Art der Tierpflege lehnen wir ab!
Handelt es sich um eine extrem seltene Art, die man unbedingt mal pflegen möchte und keine Nachzuchten findet, weil sie niemand nachzieht? Bei dieser Frage gehen die Meinungen stark auseinander. Man sollte sich vielleicht Hinterfragen, ob es Sinn macht, diese Tiere dann in ein "Showbecken" zu stecken und NICHT zu vermehren. Somit nimmt man anderen Aquarianern gleichzeitig die Chance, solche Tiere als Nachzucht zu bekommen. Die Nachfrage nach wilden Tieren steigt also, da es ja keine Nachzuchten gibt. Hierzu sollte sich jeder selber seine Gedanken machen, ob das Sinn macht. Die Pflege in Showbecken wird zwar zumeist toleriert, aber ebenso auch kritisiert.
Möchte man eine Art pflegen, welche relativ häufig importiert wird? Hier ist die Community sich so gut wie einig. Solange das Aquarium "artgerecht" eingerichtet ist und man weiß, wie man solche Tiere pflegt, spricht nichts dagegen, eine wilde Art im Showbecken zu pflegen.
Ein weiterer Grund für die Pflege einer wilden Art ist sicher das natürliche Verhalten dieser Art. So ist der Jagdtrieb von wilden Räubern wesentlich ausgeprägter, als von Nachzuchten. Nachzuchten mussten halt nie lernen, dass es ohne Jagd kein Futter gibt. Auch bei Gräberfischen ist dieses Verhalten zu beobachten. Je weiter die Art vom Wildblut entfernt ist (höhere Generationen), desto weniger ist das natürliche Verhalten zu beobachten. Das bedeutet natürlich NICHT, dass ein Räuber seinen INSTINKT im Aquarium verliert. Selbst, wenn die Art über Generationen im Aquarium gepflegt wird, bleibt der Instinkt erhalten. Hier und da wird er also weiterhin versuchen kleinere Tiere zu Frühstücken. Dieses Verhalten ist nur nicht mehr so intensiv!
Natürlich macht es am meisten Sinn, wilde Arten PFLICHTBEWUSST zu vermehren. Dies bedeutet, dass bei der Zucht eine Hybridisierung ausgeschlossen wird! Hybriden sollten nicht groß gezogen werden!

Fazit:

Man kann durchaus Wildfänge im Aquarium (Showbecken) pflegen, wenn man einige Punkte beachtet und eventuell eigene Bedürfnisse/Wünsche zum Wohle des Tieres zurück stellt. In jedem Fall sollte das Aquarium aber entsprechend eingerichtet sein, um den Tieren wenigstens ein KLEINES Stück Heimat bieten zu können!
 
Bevor sich jemand fragt, wieso die Becken beim Züchter meist recht einfach gehalten sind:
Zuchtbecken sollten ebenso "komfortabel" zum stressfreien Herausfangen eingerichtet werden.
Echten Züchtern brauchen wir an dieser Stelle aber keine Tipps geben.
 
Generell - Und da ist sich die gesamte Community einig - empfehlen wir Anfängern KEINE wilden Tiere. Grade am Anfang begeht man oft Fehler. Es wäre also bedauerlich, wenn durch unsere menschlichen Fehler das Leben eines wilden Tieres aufs Spiel gesetzt wird. Dann hätte man das Tier lieber im See schwimmen lassen sollen.
 
Nachzuchten, sind meist sogar wesentlich sinnvoller zu pflegen. Nicht nur für Anfänger! Bei den meisten Arten ist zu beobachten, dass Nachzuchten robuster und farbintensiver im Aquarium sind. Diese Aussage möchten wir aber nicht pauschalisieren, da es hier wirklich auf die Arten ankommt. 
Was uns GANZ wichtig ist: Tiere sollten nie als Statussymbol gehalten werden!!!!
 
 
 
 
 Author: Steven Sasin
-> Informationen aus der gesamten Community gesammelt
Bilder: Flo Böhling
Video: Mitch Malawi